Freitag, 20.10.
nach einem tag pause stehen wir heute um 5 uhr auf weil wir uns eine grosse strecke vorgenommen haben. um sieben kommen wir endlich los. mit scheinwerfer und unter ständiger beobachtung per radar und karte fahren wir aus der bucht. allen sicherheitsmassnahmen zu trotz entgehen wir nur knapp einem unglück. eine kleine unaufmerksamkeit hätte fast fatale folgen gehabt: bernies papa uli steht mit scheinwerfer am bug und ich an der pinne. bernie sitzt drinnen, beobachtet radar und studiert die karte. ich steuere die beiden vermeintlichen nächsten beleuchteten fahrwasserbojen, die wir alle als diese ausgemacht zu haben glaubten, an. irgendwann ein ruf von bernie: eva, fahr mal ein bißchen mehr steuerbord. ich gehorche, schließlich ist bernie ja der käptn. ausserdem kam mir der vorherige kurs eh irgendwie spanisch vor. plötzlich kommt bernie aus dem schiff gestürzt und brüllt:eva, hart steuerbord, schnell!!! er leuchtet mit einem scheinwerfer nach backbord - das ufer ist nur 10 meter von uns entfernt! und das bei ablaufendem wasser, da betragen die untiefen hier teilweise nur ein paar zentimeter! wir haben doch tatsächlich ein bojenpaar, das wir hätten passieren müssen, übersehen, weil die fahrrinne hier eine biegung macht und die beleuchteten bojen einer zweiten fahrrinne uns iritiert hatten. man muss sich das aber mal vorstellen: es ist stockfinster und überall, rechts, links, vorne und hinten blinken diese blöden bojen in rot und grün. erstmal welche als zusammengehörig zuzuordnen ist schon ein kunststück.
unsere herzen klopfen bis wir die eigentliche fahrrinne wieder erreicht haben. nur eine positionsberechnung von bernie hat uns davon abgehalten auf grund zu laufen.
als der morgen dämmert und man langsam land und wasser auseinanderhalten kann, erreichen wir auch endlich das offene meer, welches aber auch schon mit list und tücken auf uns wartet. nach und nach, erst unmerklich, dann immer deutlicher, frischt der wind auf und die see wird immer ruppiger.
zwischenzeitlich stellen wir überlegungen an, ob wir nicht umkehren sollten, entscheiden uns aber mutig dagegen. ich glaube, die strecke von heute morgen will auch keiner von uns freiwillig ein weiteres mal passieren....
dank unseres mühsam eingebauten windmessgerätes erfahren wir, dass wir in einen in kinderschuhen steckenden sturm geraten sind. windstärke 7-8, in böen 9.
aufgrund des seichten wassers im küstenbereich haben wir hier verhältnismässig hohe und steile wellen, die natürlich wieder mal aus der richtung kommen in die wir wollen. uns ist allen nicht ganz wohl in unserer haut, das schiff wird ganz schön herumgewälzt und keine luke bleibt dicht! auch wir sind mittlerweile durch die gischt bis auf die haut durchnässt!.in den momenten in denen man anfängt darüber nachzudenken, wie lange dieser trip wohl noch anhalten wird, bekommt man ein ganz mulmiges gefühl, das in seiner steigerung wohl als panik bezeichnet würde. gott sei dank habe ich mir rechtzeitig genug baldrian reingepfiffen, das scheint zu wirken.
so langsam lernen wir aber schliesslich auch auf kismet zu vertrauen, sie meistert das stürmische wetter und die unberechenbare see wie man es von einem guten boot erwartet. trotzdem waren wir alle sehr erleichtert und dankbar, als wir den nächsten hafen (wir haben von der geplanten strecke nichtmal ein viertel geschafft) erreichen. später erfahre ich von bernie und uli, dass selbst die beiden auf ihren vielen segeltörns (auch auf dem atlantik) noch nie einen so heftigen seegang erlebt haben. das hätte ich nicht eher erfahren wollen. das heute erlebte war uns allen für den anfang eine spur zu heftig.